November 2021
Die letzten Wochen war wirklich spannend und nicht unbedingt einfach. Immerhin dürfen wir jetzt beim Kleinen ausmisten, ohne Gefahr zu laufen, angesprungen zu werden. Trotzdem waren einige, wenige Situationen dabei, die uns Adrenalin-Stöße beschert haben. Es hat etwas gedauert, bis er sich traute, ein Leckerli aus meiner Hand zu nehmen bzw. überhaupt so nahe an meine Hand zu kommen.
Das Ergebnis unserer Arbeit ist extrem positiv. Zwar lässt sich der Kleine immer noch nicht angreifen (das wird noch ewig dauern), aber er sucht die Nähe und folgt mir völlig frei. Das bedeutet einen enormen Vertrauensbeweis mir gegenüber. Wir überspringen sozusagen die Grundlagen und befinden uns sofort in der Freiheitsdressur. Wobei das genau richtig ist, denn wenn eine Vertrauensbasis aufgebaut ist, dann kommen diese Dinge von allein. All unsere Pferde gehen freiwillig mit und nicht, weil wir sie am Strick halten.
In der ersten Woche haben wir ihm gelernt, dass wir seinen Raum respektieren, er aber auch unseren Raum akzeptieren muss. Und er erst zu uns kommen darf, wenn wir ihm das erlauben. Das Resultat ist wirklich super! Für ihn ein riesen Fortschritt und für uns bedeutet es, etwas mehr Sicherheit im täglichen Umgang.
Da er mir ab der zweiten Woche frei nachging, war es möglich, mit ihm in die Halle zum Freilaufen zu gehen. Er lernte sehr schnell, seine Runden (brav oder lustig herumspringend) zu laufen. Und kam immer neugierig und vorsichtig zu mir, um sich sein Belohnungsleckerli abzuholen. Vor der Schnelligkeit und Reichweite seiner Vorderbeine haben wir gehörigen Respekt. Obwohl er das bisher nie gegenüber uns eingesetzt hat.
Dezember 2021
Unser kleiner Hengst ist tief drinnen ein echtes Kuschelpony – so paradox das klingt für ein Pferd, das man nicht berühren darf.
Vertrauen kann man nicht erzwingen, sondern nur erarbeiten. In jeder kleinen Situation. Und wie wir immer sagen: „Das Lerntempo bestimmt das Pferd.“ Ist man zu schnell, kann das Pferd nicht mit und das Vertrauen geht verloren. Sein vorgegebenes Lerntempo war von äußerster Vorsicht geprägt (er ist extrem schlau!) und dementsprechend langsam – für uns eine echte Geduldsprobe.
Aber die kleinen Fortschritte waren da – jetzt darf ich unser Kuschelpony mit meinem Körper berühren. Er fordert diese „Kuschelstunden“ schon beinahe ein.
Er muss extrem schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Es kostete mich Wochen, an seine linke Seite zu dürfen. Menschliche Hände sind furchtbar und am Halfter darf keiner ankommen. Darum freut es mich umso mehr, dass er jetzt so viel Vertrauen hat, mit mir auf seine vorsichtige Weise zu kuscheln.
Schön langsam weicht aus seinem Blick die Angst und er schaut einen viel freundlicher an.